Omas g'schlampertes Verhältnis ...

 ... ist ja besser bekannt unter dem Namen Nonnas Liaison. Und eigentlich fast schon ein Klassiker, zumindest aber eines der Teile, die man einmal gestrickt haben "muss". Derlei Imperative interessieren mich allerdings wenig; ich konnte mich allen Arten von Gruppenzwang immer ganz gut entziehen.

Aber: Ich habe eine Schwäche für ungewöhnliche Konstruktionen. Das hat dazu geführt, dass sich diese schöne Jacke schon lange auf meiner "Will ich haben"-Liste befand. 

 

Allerdings gibt es mit ungewöhnlichen Konstruktionen oft ein Problem: Die Originalität kann zu Lasten der Passform gehen. (Jeder, der schon einmal eine Kreisjacke gestrickt hat, kann wahrscheinlich ein Lied davon singen.) Nachdem die Nonna buchstäblich schon hunderte Male gestrickt worden ist, hatte ich in diesem Fall keine grundsätzlichen Bedenken. Aber einige der eingestellten Projekte bei Ravelry kamen mir arg weit vor, weshalb eine gewisse Vorsicht schon angeraten schien.

Astrid Müller gibt ja in ihren Anleitungen keine festen Vorgaben für Größen, was ich grundsätzlich befürworte, weil Konfektionsgrößen (wie wir alle leidvoll wissen) auf individuelle Körpermaße keine Rücksicht nehmen. Insofern bin ich eine große Anhängerin der "Stricken, bis es passt"-Fraktion. Allerdings hätte ich mir bei diesem Modell, eben wegen der gänzlich abweichenden Konstruktion, ein paar Bilder mehr gewünscht, die zeigen, wie das Teil im Original sitzen soll, insbesondere wo genau die Ärmel angesetzt sind. So musste ich mich mehr nach Gefühl vortasten. Ich habe vorsichtshalber mit weniger Maschen begonnen als für meine Größe empfohlen war, nach dem Motto: mehr dranstricken geht immer. Was ich auf jeden Fall vermeiden wollte ist, dass das Teil so weit ist, dass es ständig von den Schultern rutscht, was bei dem Schnitt eine sehr reale Möglichkeit ist. Denn es gibt keine klassische Armkugel; die Ärmel haben ihr längstes Maß von der Spitze im Rücken aus gerechnet.

Die Entscheidung war, denke ich, ganz gut, denn so  sitzt die Jacke ganz gut auf der Schulter und rutscht auch nicht, wenn man schwere Einkaufstaschen schleppt (für Euch getestet).

 


Natürlich habe ich mich für die Variante mit der zipfeligen Spitze entschieden, die ist ja der Witz an dem Ganzen.

 
 
Ich hatte anfangs kurz überlegt, ob ich das Lochmuster im Rücken weglassen sollte. Entschied mich aber dagegen, weil so wenigstens für ein Minimum an Abwechslung gesorgt war. und weil man auf die Weise den Fortschritt gut im Blick hatte.

Wie Ihr Euch vorstellen könnt, hat man es, je weiter man voranschreitet, mit endlos langen Reihen zu tun. Denn gestrickt wird in der Runde, wobei der Rücken genz regulär horizontal verläuft, die Vorderseiten aber vertikal. Ich hab mal vorsichtshalber nicht mitgezählt, wie viele Maschen es letztendlich waren. Aber für zwischenzeitliche Anproben musste ich das Teil auf vier Rundnadeln ziehen, um halbwegs reinschlüpfen zu können.

Das einzige was ich abgewandelt habe war der Ärmelabschluss. Statt Bündchen habe ich hier das Rippenmotiv noch einmal wiederholt. Und das Abschlussbündchen am Rücken habe ich extrem knapp gehalten: Mit vier Reihen nur gerade so viel, dass sich da nichts einrollt.

Für die Nerven war es überaus beruhigend, dass ich mich dagegen entschieden hatte, einen Wollmeise Lacestrang zu verwenden. Der hätte zwar vermutlich gereicht, wenn ich eine Rippe weniger gestrickt hätte, aber so musste ich zwischendurch nicht ständig wiegen und rechnen, sondern konnte ganz entspannt ein neues Knäuel nach dem anderen aus der Kiste ziehen. Gar nicht zu reden davon, dass sich der Materialwert hier auf unfassbare 14 Euro beläuft, weil ich das Garn zum extremen Schnäppchenpreis eingekauft habe!


Garn: 

  • 340 g BC Garn Semilla Fino (100% Wolle) LL 240 m / 50 g, Farbe 126 (khaki)

Nadelstärke: 3,75 mm 

Anleitung: Nonnas Liaison

Kommentare

  1. Oh wie schön, ist die Jacke und Deine ausführliche Meinung...
    auch ich schleiche um die Jackenanleitung und überlege hin ung her...jetzt kammst Du, zu richtiger Zeit!
    Das rutsche von der Schulter..auch das ist meine Sngst und wenn ich sehe, dass der Kragen immer noch über der Schulter hängt, denke...das würde mich stören..wie ist das nach bebstimmt mehrmaligem tragen?
    Habe das Gefühl das die Naht..rechte Masche an dem Musterübergang Rippen und galtt rechts-spannen wird....ist das so?
    Liebe Grüße Mimi

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    1. Hallo Mimi,
      keine Sorge, das ist nicht der Kragen, der da über die Schulter hängt. Das Rippenmuster bildet auch einen Teil des Rückens und die Schulter und geht erst später nahtlos in den Kragen über. Dass die Ärmel etwas tiefer ansetzen ist so gewollt, stört aber tatsächlich überhaupt nicht (und ich bin da normalerweise auch empfindlich). Und die "Naht" (das ist die Stelle, an der die Zunahmen stattfinden) spannt auch nicht.
      Der Trick ist tatsächlich, anfangs weniger Maschen anzuschlagen als man für seine Größe haben sollte (bei mir waren es 60 anstatt 70). Dadurch rutscht die Rückenlinie so weit nach oben, dass ein guter Sitz sich automatisch einstellt.

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  2. vielen Dank, dann werde mich doch an dem Schnitt versuchen...
    Du hast mich überzeugt!
    LG Mimi

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  3. Hallo Ute,

    Toll sieht die Jacke aus, sowas mag ich auch gerne tragen. Ja, Du hast recht, die Anleitung für das Butterfly-Tuch war von Drops, wenn die Wolle auch ok ist, die Anleitungen sind schon besonders. Nach langem hin und her recherchieren habe ich bei anderen Strickerinnen die Fehlerquelle gefunden und dann war es einfach.

    Liebe Grüße
    Burgi

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  4. Was für eine spannende Jacke, das regt mich wieder an die Nadeln klappern zu lassen. Danke für das Teilen.
    LG Cristina

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    1. Immer gern :). Ich freue mich immer, andere mit unserem Lieblingshobby anzustecken.

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